Die Form, der Verlauf und die Farbe einer Fuge bestimmen das Erscheinungsbild vom Sichtmauerwerk.
Der Fugenanteil kann bis zu 20 % einer Mauerwerksfassade betragen. Demzufolge ist ein intaktes Fugennetz Voraussetzung für eine schlagregendichte Fassade, denn eindringende Feuchtigkeit führt zu einer verstärkten Frostbeanspruchung und zur Reduzierung des Wärmeschutzes.
Die Fugenform hängt vom Format und Verbänden der verschiedenen Mauersteinarten: – ob Ziegel- oder Naturstein – ab.
Fugeninstandsetzung:
- Ausbau der Altfugen – wie?
- Art des Fugenmörtel – welcher?
- Einbauart/Form
- Applikationstechnik, womit?
Ausbau der Altfuge
Die Fuge sollte nach Möglichkeit in der doppelten Tiefe der Fugenbreite ausgebaut werden, um eine ausreichende Verbundfläche des neuen Mörtels zu den Steinflanken und dem Mauermörtel zu erhalten. Die Ausbautechnik wird bestimmt durch den Fugenverlauf, der Steinfestigkeit und insbesondere dem Zustand des Altmörtels.
- Ausbau von Altfugen → schonendes Ausstemmen: von Hand bei morbiden, verwitterten Steinen
- Elektro – bzw. Pressluftbetriebene Werkzeuge → Bei gleichmäßigem Fugenverlauf bei festem Stein oder sehr harter, jedoch von den Steinkanten abgerissener Fuge
- Fingerfräsen, Diamant – Trennscheiben → als Entspannungsschnitt oder zum Ausräumen
Nach dem Ausräumen der Altfugen sind die Fugenräume von losen Teilen und Staub durch Ausblasen oder Wasserspülung zu reinigen, sodass keine haftungsmindernden Bestandteile im Steinflankenbereich verbleiben.
Steinerneuerung:
Bei abgewitterten Steinflanken oder durch Frosteinwirkungen zerstörte Mauersteine kann, je nach Art und Umfang der Schädigung und denkmalpflegerischer Zielsetzung, ein Steinaustausch erforderlich oder eine Konservierung oder Steinrestaurierung notwendig werden. Neben dem Ziegelsteinaustausch kann bei Naturstein auch die Teilflächenerneuerung: der Einbau einer Vierung oder die Reprofilierung und Antragung mit Steinrestaurierungsmörtel zum Instandsetzungserfolg führen.
Neuer Fugenmörtel
Fugenmörtelsysteme können auf der Baustelle aus geeigneten Sanden mit verschiedenen Sieblinien, entsprechendes Bindemittel und Wasser ggf. Pigmenten angemischt werden, oder es kommen Werktrockenmörtel mit gewünschter Spezifikation zur Anwendung. Als Bindemittel kommen hydraulischer Kalk bzw. spezielle Zementarten oder aber natürlich hydraulischer Kalk-NHL- und Luftkalk zur Anwendung. Die Mörtelrezeptur richtet sich nach den physikalischen Anforderungen an die Fuge, aber auch an die chemische Verträglichkeit mit der vorhandenen Bausubstanz.
Physikalische Anforderungen:
- geforderte Festigkeitsklasse infolge statischer Vorgaben, z.B. MG II a gem. DIN 1053 M5 nach EN 998-1 Ziel: Druckfestigkeit > 5 N/m²
- jedoch sollte die Festigkeit des Mörtelsystems und des Elastizitätsmodules kleiner sein als die Werte der Mauerwerksteine
- geringe Rissanfälligkeit durch geringes Schwund – Quellmaß
- der Wasseraufnahmekoeffizient von Stein und Fuge sollte vergleichbar hoch sein, sodass die Feuchteaufnahme und – Abgabe der Mauerwerksfläche gleichmäßig funktioniert
- Das Größtkorn/Stützkorn bei dem zu verwendeten Sand sollte max. ein Drittel der Fugenbreite sein
Chemische Verträglichkeit:
- Zur Vermeidung von schädigenden Reaktionen und Ausblühungen auf der Mauerwerksoberfläche, hervorgerufen durch reaktionsfähige Bestandteile, bis hin zum Treibmineral Ettringit, ist bei Mörtelzusammensetzung darauf zu achten, dass der neue Mörtel einen niedrigen Gehalt an löslichen Alkalien enthält.
Eine Mörtelanalyse des vorhandenen Mauermörtel, bzw. der Altsteine, auf chemisch-mineralische Zusammensetzung gibt Aufschluß über vorhandene „Altlasten“. Durch entsprechende Wahl der Bindemittel und Zusammensetzung der Rezeptur kann den Objektgegebenheiten dann Rechnung getragen werden.
Applikationstechnik
Das Verfugen von Sichtmauerwerk erfolgt mit dem Fugeisen oder aber mit einer Katusche. Die maschinelle Verfugung (Spritzverfahren) wird bei großen Fugenräumen z.B. Bruchsteinmauerwerk angewandt.
Welche Verfahrenstechnik zur Anwendung kommt, ist dem wirtschaftlichen und optischen Anspruch geschuldet. Von Wichtigkeit für die Dauerhaftigkeit der Neuverfugung ist die Flankenhaftung des Mörtels an den Steinen und die Oberflächengestaltung der Fuge.
Anlegen von Musterflächen mit verschiedenen Rezepturen
Oberflächengestaltung
Die Fugenoberfläche sollte mit der Steinflanke bündig oder nur gering zurückgesetzt ausgeführt werden, um einen langfristigen Witterungsschutz zu ermöglichen. Bei vorstehenden bzw. zurückgesetzten Fugen wird der Fugenmörtel oder die Steinkanten durch Frost und Erosion stärker beansprucht. Die Oberflächenbearbeitung erfolgt durch glätten – „bügeln“ oder Abziehen mit Kelle oder Fugenholz.
Altfuge Neufuge im SteinversatzInsbesondere bei historischem Altmauerwerk ist das Abbürsten bzw. abgleichen der Fugenoberfläche mit dem Handschuh von Vorteil, denn der Fugenmörtel wird an die zum Teil abgerundeten Steinkanten angedrückt und von der Fugenoberfläche wird der „gebügelte“ Feinstanteil entfernt.
Profilierte Fugen: Bei historischen Gebäuden wurden die Fugen oftmals besonders betont: z.B. wurden horizontale Lagerfugen in durchgängiger Linie nach dem Versetzen mit einem speziell dafür ausgebildeten Fugeisen durchzogen. Diese Art wird als sog. „Rundstabfuge“ bzw. auch als Wulstfuge bezeichnet. Die vertikalen Stoßfugen werden oftmals nicht als Rundstabfugen ausgebildet, sondern leicht eingedrückt, liegen etwas rückversetzt und stoßen stumpf an die Lagerfugen. Unterschiedliche Farbgebungen der Fugen, z.B. Lagerfuge rot, Stoßfugen schwarz waren weitere Gestaltungsmöglichkeiten.
Durch die spezielle Ausbildung der Fugen, z.B. als Rundstabfugen, durch nachträgliche Bearbeitung mit dem Fugeisen, werden zugleich Ungleichheiten von Ziegeln unterschiedlicher Formate oder minderwertiges Material verdeckt. Somit wird das Mauerwerk „beruhigt“ und regelmäßige Ziegelkanten vorgetäuscht.
Rundstabfuge/Wulstfuge Objektbeispiel: Kath. Kirchengemeinde Am Dellplatz, Duisburg
Rundstabfuge/Wulstfuge Objektbeispiel: Kath. Kirchengemeinde St. Joseph, Essen-Katernberg Sockelinstandsetzung
Die Aufwendigste aller Fugen ist die Aufgesetzt-, auch als „Krampfaderfuge“ ausgebildete Fuge, welche mit Hilfsmitteln: Distanzlättchen oder Schneidemesser hergestellt wurden und auch heute noch nach alter Technik nachgearbeitet werden.
Krampfaderfuge Objektbeispiel: Wohnhaus, Oberhausen
Zur Festlegung des favorisierten Fugen-Mörtelsysems und der Ausräum- bzw. Reinigungs- uns Applikationstechnik sollten Musterflächen am Objekt angelegt werden.